ENDLICH! Es geht wieder los. Woche 1 und 2 mit Präsenzveranstaltungen liegen hinter mir und ich muss ehrlich gestehen – ES TAT SOOOOO GUT!
Nein, der Hauptgrund ist nicht, dass der Selbständige in mir wieder das Einkommen sieht, wobei auch das ein Element ist, das sich nicht leugnen lässt. Der Effekt war auch nicht der, endlich dem Homeoffice entfliehen zu können, in das sich so viele Menschen inzwischen „kaserniert“ sehen.
Nein, das wirklich tolle war wieder einmal Menschen ganz und gar wahrnehmen und real mit ihnen kommunizieren zu können. Impulse zu setzen und ganzkörperliche Reaktionen wahrzunehmen, wieder eine andere Qualität in sozialer, aber auch fachlicher Interaktion zu sehen, zu spüren und wertzuschätzen.
Der Mensch ist ein soziales Wesen. Dieser Satz und diese Wahrheit ist uns bei weitem nicht unbekannt oder neu. Covid-19 hat uns gerade hier in den letzten Monaten an jegliche Grenzen gebracht, die wir uns vorstellen können oder auch niemals nur erahnt haben.
Umso großartiger war es jetzt, wieder in die „soziale Welt“ zurückzukehren und wieder Erlebnisse zu tanken.
Ich hatte gleich das Vergnügen innerhalb von 8 Tagen drei unterschiedliche Gruppen zu unterschiedlichen Themen vor mir zu haben. Eigentlich ganz klassische Formate: Führungsworkshop, Teambuilding und Seminar. Ganz klassisch geplant, wenn auch mit bestimmten Sonderwegen, weil Corona und die rechtlichen Verordnungen ja nicht alles zulassen und Abstände gewahrt werden müssen. Aber irgendwie war es über die Änderungen hinweg nochmal zusätzlich ganz anders als bisher.
Alle Teilnehmer waren ganz individuell durch Homeoffice, Video-Kontakte, umschichtige Arbeitslösungen am Arbeitsplatz und viele andere Lösungen mehr, immer in das „gewohnte“ Umfeld im Beruf eingebunden. Wir haben uns sehr intensiv darüber ausgetauscht, dass mit der möglichen Digitalisierung doch sehr viel und gut aufgefangen werden konnte.
Dann kam aber die gemeinsame Arbeit an den Themen und wir merkten, dass es doch etwas wirklich ganz anderes ist, zusammen in einem Raum zu sitzen und gemeinsam zu arbeiten. Vieles, was in Telefon- oder Videokonferenzen aufwändig moderiert werden muss, lief wieder völlig intuitiv ab.
Gerade mit den Führungskräften haben wir viele dieser Symptome sehr intensiv weiter bearbeitet. War es die Routine der langen Jahre, die diese Intuition ermöglichte, oder spielte doch etwas anderes mit rein? Sind doch nicht alle Formate, Themen und Arbeiten im digitalen Umfeld möglich? Wo braucht es für Entwicklung doch mehr als „sicht- oder hörbaren Kontakt“? Was heißt das für den zukünftigen Wandel in den Unternehmen?
Zwei unserer wesentlichen Erkenntnisse möchte ich hier weiter darstellen:
Digital ist gut, aber wird persönlich nie ganz ersetzen können
Digitale Umfelder, wie Webinare, Online-Seminare und Videokonferenzen sind gute und geeignete Instrumente und werden in der Zukunft ganz sicher eine viel größere Rolle spielen können und dürfen als bisher. Unternehmen und Anbieter werden sich stärker hinterfragen müssen, ob für die zu bearbeitenden Themen wirklich das Seminar irgendwo in Deutschland mit x Tagen Abwesenheit aus dem Unternehmen nötig ist.
Geht das nicht auch Online und/oder in kleineren Häppchen, mit mehr Bezug auf den individuellen Arbeitsplatz? Ja, bestimmt und da wird sich auch noch mehr entwickeln dürfen und müssen. Wir werden da auch sicherlich mehr hin zu eigenverantwortlichem Lernen kommen müssen – Kerninhalte in kleinen „Nuggets“ aufbereitet und dann selbst zu vertiefen, könnte hier eine Lösungsform sein.
Der Seminar-, Tagungs- und Konferenztourismus wird definitiv deutlich abnehmen, aber er wird nie gänzlich verschwinden.
Es war schon sehr spannend mit allen anderen wahrzunehmenwie Themen, die vorher schon in mehreren Videokonferenzen angesprochen, diskutiert und bewegt worden waren, aber nie zu einem Abschluss geführt werden konnten, sich in wenigen Minuten auflösten.
„Das hast Du schon immer so gesagt, aber erst jetzt glaube ich es. Erst jetzt habe ich wirklich den Eindruck, dass Du es Ernst meinst“ – ein Zitat, eine Aussage, die uns alle nachdenklich gemacht hat und mit vielen Diskussionen und Reflexionen schließlich zu der Überzeugung gebracht hat, dass digital die Präsenz nie wird ersetzen, im Sinne von vollständig ablösen, können.
Interaktion unter Menschen ist doch viel mehr als sich zu sehen und zu hören. Die Abstandsregeln haben Berührung oder das „Köpfe zusammenstecken“ immer noch verhindert, aber allein die volle körperliche und konzentrierte geistige Präsenz hat ein anderes Umfeld geschaffen. Eins, das Online nie da war.
Präsenz hat Mehrwert und diesen gilt es auch künftig zu nutzen.
Präsenz lässt sich mit digitalen Werkzeugen erfolgreich anreichern
Ich arbeite gern damit kleine Gruppen an ein FlipChart oder eine Pinnwand zu stellen und dann Themen schriftlich und grafisch erarbeiten zu lassen. Genau das ist aber mit den geltenden Abstands- und Hygieneregeln einfach nicht in herkömmlicher Weise möglich.
Im Ablauf habe ich daher bestimmte dieser Formate digitalisiert, sprich wir haben auf digitalen Endgeräten gearbeitet, obwohl wir im gleichen Raum gesessen haben.
Zuerst war das für die Teilnehmer etwas befremdlich, aber dann wurde es ganz schnell „normal“. Jeder blieb auf seinem Platz sitzen, die Regeln waren erfüllt, aber trotzdem konnte jeder wieder mitmalen, ergänzen, Texte und Stichworte hinzufügen und vor allem blieb die direkte und persönliche und umfassende Diskussion.
So konnte und wurde die Gesprächsqualität und die oben dargestellten Vorteile und Wirkungen von Präsenz erhalten, aber gleichzeitig auch dem Gesundheitsaspekt volle Rechnung getragen.
Die Rückmeldungen zeigten, dass diese Arbeitsform die Diskussion sogar reicher gemacht hat, da auf den digitalen Boards auch gleich Filme, Links, Bilder und andere Informationen gepinnt werden konnten, die sonst nur „gesprochen“ wurden. So war der Informationsgehalt für den/die Einzelne(n) sogar noch höher und intensiver. Da die Ergebnisse der Boards dann auch im Nachgang mit allen Links usw. zur Verfügung stehen, ist auch der Fundus dessen, was die Teilnehmer mit nach Hause nehmen größer und reicher geworden.
Ich gebe zu, dass ich bei der Konzeption sehr, sehr kritisch war, ob das wirklich gut funktionieren kann, aber im Nachhinein bin ich froh diesen Weg gegangen zu sein. Es hat sich gelohnt. Die tollen Ergebnisse und das Feedback der Teilnehmer*innen sprechen da auch eine ganz eigene Sprache.
Ich bin mir ganz sicher, dass hier auch ein weiterer Schatz der Erkenntnisse liegt. Es geht auch hier mit hybriden Arbeitsformen. Präsenz und Online/Digital müssen sich nicht als unterschiedliche Pole 180° versetzt gegenüber stehen.
Auch hier ist mutig ausprobieren und auch mal das Risiko des Scheiterns in Kauf zu nehmen ein guter, richtiger und wichtiger Schritt.
Meine Lernkurve war deutlich und auch nicht alle Ideen haben dem Aufeinandertreffen mit der Realität im Seminar/Workshop standgehalten. Wir haben gemeinsam vieles verändert, adaptiert oder auch ganz anders gemacht als eigentlich vorgesehen.
War das aus Sicht der Teilnehmer*innen ein Problem? Nein! Gab es deswegen Zweifel an der Kompetenz, an der Wirksamkeit des Trainers/Dozenten? Keineswegs!
Covid-19 hat uns herausgefordert und fordert uns auch weiterhin noch deutlich heraus. Einer meiner letzten Beiträge heißt bewusst „Fitter durch Corona“ und mit den beiden Erkenntnissen aus den Präsenzveranstaltungen fühle ich mich fitter für die Zukunft. Es gibt jetzt Ideen, Ansätze, Wege, die ich vorher bestimmt so nicht gegangen wäre. Manche Veränderung tut weh und wird auch noch weiter schmerzen, aber das macht das jetzt neu gelernte nicht schlechter oder weniger wert.
Digital ist gut. Präsenz ist gut. Beides hat seine Vorteile, beides hat seine Grenzen in bestimmten Umfeldern.
Für uns Berater, Trainer, Coaches kommt es jetzt darauf an zu lernen, was für unsere Klienten der beste, der hilfreichste Weg ist. Hierbei auch von einander zu lernen wird unsere Möglichkeiten und Position bei unseren Kunden nur stärken.
Jede Reise beginnt mit einem ersten Schritt – ich gehe hiermit den ersten:
Wer sich mit mir (egal ob Kollege oder Kunde) austauschen möchte, wie wir unser Angebot künftig verändern können und welche Learnings ich schon gemacht habe, dem stehe ich gern zur Verfügung.
Ich freue mich auf die Kontakte und Gespräche.
Eine schöne Woche und viele gute Erkenntnisse!