Letzten Samstag, am 16.01.2021 war er. Der Welttag des Nichtstuns.
Habt Ihr es gewusst? Ich nicht. Ich habe es auch erst morgens durch das Radio erfahren. Was sagte mir aber mein Kalender? ARBEITEN… Na super.
Da gibt es schon mal diesen Welttag des Nichtstuns, also im Grunde die Einladung schlechthin mal erlaubt faul zu sein und ich verpasse es wieder. Aber halt, finde den Fehler in den eigenen Gedanken.
Brauche ich eine solche Einladung? Oder ist das nur die Suche nach einer Rechtfertigung für etwas gesellschaftlich nicht wirklich akzeptiertes. Faulenzer ist schließlich nicht gerade eine Lobeshymne. Chillen kommt da schon besser weg.
Dabei ist Langeweile doch etwas Gutes. Langeweile fordert unser Gehirn heraus und lässt Raum etwas anderes, als den täglichen Wahnsinn zu verarbeiten.
„Morgens schreibe ich, Nachmittags langweile ich mich.“
Heinrich Heine, Schriftsteller
Wenn mit Langeweile und Faulenzen Literatur von Weltruhm entstehen kann, dann ist es für den Normalsterblichen wohl auch nichts Schlechtes, oder? Nur einmal das süße Nichtstun genießen.
Einfach mal aussteigen und Nichtstun
Wer wünscht sich das nicht. Aber was passiert dann? Also ich habe ganz mutig dieses Experiment einmal gewagt und musste feststellen „voll anstrengend dieses Nichtstun“.
Einfach Nichtstun, das ging nämlich nicht.
Herausgetreten aus dem täglichen Multitasking-Wahnsinn wollte mein Gehirn nämlich nicht abschalten. Ruhemodus war nicht angesagt. Es schossen mir weiterhin tausende von Gedanken durch den Kopf und ich kam mit dem Aufschreiben kaum hinterher, denn ich wollte ja nichts vergessen.
Wenn das alles mal raus ist, wird es besser. Mit dem Mantra rettete ich mich durch die Sturmphase.
Ja, es wurde anders, aber nicht besser. Nachdem ich nämlich mit allen Aufgaben durch war, kamen die Themen ins Bewusstsein, vor denen ich mich schon länger gedrückt hatte. Dinge über die ich einmal nachdenken wollte, wo ich neu planen wollte, neue Ideen entwickeln will und ähnliches.
Also wieder aufschreiben, damit ich auch hier nichts vergesse. Außerdem sagt ein gutes Zeitmanagement, dass der Kopf der schlechteste Speicher ist, denn die Angst etwas zu vergessen, behindert die Konzentration auf Anderes. Also Aufschreiben und den Kopf leer machen.
Voll anstrengend dieses Nichtsstun, denn bisher hatte ich quasi nur geschrieben. Ist das Nichtstun?
Die nächste Welle kommt bestimmt
Aber auch diese Welle hatte ich dann irgendwann elegant abgesurft und jetzt, jetzt wird doch endlich Nichtstun kommen, oder?
Wieder Irrtum, es wurde nur wieder anders. Denn jetzt kam mein Ich und das mit voller Wucht und macht. All das, was ich für mich und mit mir selbst noch nicht geklärt hatte und habe, wurde mir jetzt von meinem Unterbewusstsein präsentiert. Und rumms, wieder war der Kopf voll und es gab etwas zu tun.
Aufgeschoben ist nicht aufgehoben und das bekam ich schonungslos präsentiert.
Echt: Voll anstrengend dieses Nichtstun!
Nichtstun durch Ablenkung
An diesem Punkt war ich dann soweit. Gib mir mein Handy oder zumindest den Fernseher. Ablenkung mit etwas anderem tut Not. Denn an und mit sich selbst arbeiten, ist anstrengend. Nichtstun? Eher wohl das volle Gegenteil.
Aber macht die Ablenkung es besser? Nein. Spätestens mit der nächsten Ruhepause würde mein Unterbewusstsein dies wieder an die Oberfläche bringen und mich erneut (und das auch berechtigt) mit den Dingen konfrontieren.
Außerdem stellt sich doch die Frage, ob die Erholung, die Veränderung, die ich mir durch mein Nichtstun versprochen habe, mit der Ablenkung stattfinden würde. Meine Antwort an mich selbst lautete Nein.
Also ran an die anstrengende Arbeit mit mir selbst. Nichtstun, ade.
Wieder kam mir dazu Heinrich Heine in den Sinn, der sein Faulenzen am Nachmittag immer mit einem ausgiebigen Spaziergang garnierte.
Gedacht, getan – raus und losgehen.
Zum Glück wohne ich in Wassernähe, so dass ich den Spaziergang mit dem Strand kombinieren konnte.
Und in der Tat, das half. Das war zwar garantiert kein Nichtstun, denn das Handy zählte doch eine große Anzahl an Schritten, aber der Kopf wurde freier, Themen klarer, der Nebel der Gedanken lichtete sich. Wurde doch auch Zeit. Echtes Nichtstun ich komme.
An einem Tag ist echt nichts dran
Der Blick nach oben zeigte aber auch, die Sonne steht schon dicht am Horizont. Wo war mein Tag zum Nichtstun hin? Ist es wirklich schon so spät?
Also wieder nach Hause, endlich Nichtstun. Aber, wer errät es schon, es wurde wieder nur anders.
Jetzt beansprucht die Familie, völlig zurecht und von mir auch geliebt, ihren Raum. Und so lief der Tag dann auch aus.
Das Fazit bleibt: Voll anstrengend dieses Nichtstun
Auf der Bettkante ein kurzes Fazit des Tages. Viele Seiten voll mit Themen, Aufgaben und Gedanken, aber nichts wirklich Neues. Nichtstun? Hat nicht stattgefunden.
Aber irgendwie ist da doch ein Glücksgefühl. Der Tag hat etwas verändert. Noch kann ich nicht klar sagen was, aber da ist etwas, was noch zu entdecken ist. Also wieder kein Nichtstun…
Doch ich gebe die Hoffnung nicht auf. Es wird wieder einen Versuch geben. Einen Tag Nichtstun – ich komme.
Aber so lange muss ich einfach sagen: Voll anstrengend dieses Nichtstun!
Bis dahin nehme ich auch das:
Schreibt mir doch gern von Euren Versuchen oder Erlebnissen. Ich freue mich darauf.
Eure Björn Harder